Unternehmenskultur ist eines der Wörter, der Worte, welche durch inflationären Gebrauch zu Floskeln zu werden drohen, wenn man sie nicht mit echten Inhalten belegt. Nachhaltigkeit ist übrigens ein anderes solches Wort. Ein weiteres Indiz für solche „Verfloskelungsgefahr“ ist die Anzahl von Fachbüchern, die es zu einem Thema gibt und diese Anzahl ist bei Unternehmenskultur immens.
Drittens zeichnen sich diese Wörter dadurch aus, dass sie sich verbindlicher Begriffsbestimmung gekonnt entziehen, so dass es Definitionen en masse gibt – mit einer großen Varianz und manchmal sogar geradezu widersprüchliche Definitionen.
Hans-Rudolf Jost bringt dies mit einem findigen Vergleich auf den Punkt: „Unternehmenskultur zu ergründen, gleicht dem Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln.“ (Jost, Hans Rudolf: Unternehmenskultur, Zürich 2003). Nun, auch ich bringe natürliche eine Begriffsbestimmung, doch vielleicht unterscheidet es mich ja (Marketingleute sind ja immer auf der Suche nach Einzigartigkeit, nach USP, was oft verkrampft wirkt, doch dazu ein andermal mehr) von vielen anderen, dass ich Menschen und ihr Handeln ins Spiel bringe: Unternehmenskultur ist das, was tatsächlich im Alltag für die Kunden erlebbar in einem und durch ein Unternehmen passiert.
Und dies spielt sich weitab aller ach so gerne zitierten Unternehmenskodices, aufgeschriebenen Visionen, Wertebehauptungen ab: „Grau is‘ alle Theorie, entscheidend is‘ auf’m Platz“ (Adi Preißler, Erstliga-Trainer RW Oberhausen in den siebziger Jahren).
Unter Kunden verstehe ich übrigens alle Menschen, welche mit dem Unternehmen in einer Beziehung stehen, neben den aktuellen Kunden sind dies potentielle Kunden, Mitarbeiter, deren Familien, Nachbarn, Anteilseigner, Kooperationspartner, Lieferanten, die Presse und die interessierte Öffentlichkeit). Dadurch kommt die Aufforderung an alle Unternehmensangehörige zur Geltung, das Unternehmen so zu vertreten, wie man als Kunde (in diesem weiten Sinne) ein anderes Unternehmen, dessen Kunde man ist, wahrnehmen möchte. Fast schon ein „kategorischer Business-Imperativ“ (auf diesen gedanken werde ich in einem noch zu entstehenden Beitrag zurückkommen).
Selbstverständlich ist die Geschäftsführung hier mit gutem Beispiel aufgefordert, voranzugehen. Hier sind authentische, geradlinige, verantwortungsbewusste Unternehmer(innen)typen gefordert – mehr denn je. Hier ist das Prinzip Fürsorge gefragt.
Aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind gefordert, das ihre zu tun, als Teil des Unternehmens, um der Marke, die von Menschen gemacht wird, Strahlkraft zu verleihen. Hier ist das Prinzip Eigenverantwortung gefragt. Auch wenn Geschäftsführer per. def. einen anderen Blick auf die Dinge haben müssen, muss mit aller Kraft daran gearbeitet werden, dass zwischen Geschäftsführung, Management und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine Kluft entsteht, sondern die gemeinsame Sache im Vordergrund steht.
Indiz für eine fehlerhafte wie gefährliche Unternehmenskultur ist der Spruch „Die da oben!“. Nun kommen wir doch zu Worten: Wem es gelingt, eine gemeinsame Vision zu vermitteln, die allen Unternehmensbeteiligten echte (!) Anerkennung und Wertschätzung zuspricht, der ist kaum zu schlagen. Denn die Konkurrenz schläft manchmal doch. Oder bekämpft sich intern mit menschlichen, allzu menschlichen Gebaren. Und wenn die anderen solchermaßen Opernaufführungen in ihren Unternehmen betreiben, wird Ihr Vorsprung immer größer. Wer an einem Strang zieht und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Start hat, die durch exzellente Unternehmenskultur motiviert sind, viel mehr aus ihrem Potential abrufen als der Wettbewerb, der hat einen dann auch berechenbaren Wettbewerbsvorsprung.
Und schon werden die vielzitierten ach so weichen Werte auf einmal hart – wie ein gefrorener Pudding. Wir-Gefühl und Aufbruchsstimmung sind Ergebnisse von solchermaßen praktizierter Unternehmenskultur und lassen sich nicht per Dekret oder Aushang erzeugen. Denn nochmals: „…entscheiden is auf’m Platz!“ Nun, dies hört sich alles soo einfach an, ist aber in der täglichen Praxis soo schwer umzusetzen. Darüber nachzudenken, sein eigenes Unternehmen zu reflektieren und dann konsequentes Unternehmenskultur durch Handeln zu verwirklichen, macht Sinn, macht Spaß und bringt Erfolg.