Was hört man nicht alles über Dienstleistungen, ihren Beitrag für die Gesellschaft, ihre zukünftige stark wachsende Bedeutung, ihren Marketing-Faktor. Auch über Qualität hört man viel und vieles verschwimmt dann im Schleier des schwammigen Begriffs „Service“.
Lässt man sich das Wort auf der Zunge zergehen (bzw. weniger dramatisch: kümmert man sich um die Wortherkunft), so stellt man fest, dass hier das althochdeutsche Wort dionôst, „Dienstleistung“, abgeleitet aus dio, „Knecht“ Pate steht. Dereinst war also der Dienende Knecht; es war eine eindeutige Rangfolge Herr-Diener gegeben.
Ein Dienstleister heute darf sich dagegen auf Augenhöhe sehen; eine Augenhöhe, die er sich freilich durch Leistung verdienen muss. Leistung als zweiter Teil des Wortes „Dienstleistung“ ist recht eigentlich eine physikalische Größe. Verrichtete Arbeit bzw. dafür aufgewendete Energie wird in ein Verhältnis zurzeit gesetzt.
Dezidierter betrachtet wird in Leistungsaufnahme und Leistungsabgabe differenziert. Es liegt in der Natur der Sache, dass der Dienstleistende viel Voreinsatz einzubringen hat, ehe eine vertrauensvolle Geschäftsbeziehung entsteht: Database, Akquisition, Einarbeiten in jeden individuellen Kunden und seine Situation sind Obligos, welche Arbeit, Energie und Zeit binden. Einem Kunden dadurch einen „guten Job“ zu machen und mittelbar zu dessen Erfolg beizutragen, ist die Währung des Dienstleisters, dessen materielles (Vergütung, Kundenbindung) und immaterielles Honorare (Freude, Anerkennung, Wertschätzung, Respekt) wiederum Energiegeber sind, welche die Bilanz ausgleichen. Etwas romantisch ausgedrückt, liegt hier eine Art Transformation von eingegebener Vorbereitungs-Energie und abgegebener Erfolgs-Energie vor.
Zum Dienstleister muss man freilich geboren sein. Man kann es drehen und wenden, wie man will (oder muss); letztendlich sind es doch die Alltagsdinge, die Signale oder auch Fanale sein können:
- Dazu zählt die Umkehrung der Diener-Herr-Hierarchie. Es gibt „Experten“, welche meinen, Ihre ach so unersetzliche Expertise berechtigt sie zu jovialem Beraten ungeachtet der Situation.
- Zeitgenossen, denen man an der Nasenspitze ansieht, dass sie die vielzitierte „Freude am Umgang mit Menschen“ eben nicht haben.
- Es gibt immer noch „Dienstleister“, die eine vollkommene intransparente Politik an den Tag legen. So etwa Rechnungen ohne Angebote, Überschreitungen der Budgets, geheimnisvolle Kostenverursacher auf nachträglich abgegebenen Stundenzetteln. Wehe aber, der Erfolg bleibt aus.
- Es ist eine Binsenweisheit der Kommunikation, dass man besser schweigen soll, als zu kommunizieren und das Versprochene nicht einhalten. Wer also gar zu sehr auf Exzellenz mit Zertifikaten und Gütesiegeln, die vielleicht den Glanz früherer Tage dokumentieren, hinweist, den könnte die oft doch sehr hausbackene Realität, die er selbst schafft, recht schmerzhaft einholen.
- Und es ist nicht zuletzt das oft lästige, kleinteilige operative Tagesgeschäft, welches die Spreu vom Weizen trennt.
Dies rekrutiert sich alles aus Erfahrungen als Verbraucher und soll mitnichten die Marketing-Kollegen per se diskreditieren.
Ich bin (inzwischen) der festen Überzeugung, dass man auch aus fremden Fehlern lernen kann.
Etwas augenzwinkernd führe ich daher den Begriff des „Leistungsdienens“ ein. Damit meine ich die Lust, sympathischen Mitmenschen unterstützend zur Seite zu stehen und weder einen devoten Blick von unten noch einen arroganten Expertenduktus von oben zu haben, sondern einfach: Tun. Im Geiste einer selbstbewussten Bescheidenheit. Ein Marketing-Dienstleister muss seinem Kunden nicht sagen, wie er sein Unternehmen zu leiten hat und wie sein Business läuft. Aber er kann ihm andere Perspektiven aufzeigen. Und das ist so wenig nicht.
Jochen König